Die Kritik ist in die Krise geraten, sie misstraut ihren eigenen Instrumenten – diese Entwicklung zeigt sich auch in der Architekturkritik. Über weite Strecken des 20. Jahrhunderts spielte Kritik eine wichtige Rolle bei dem, was als "moderne" Architektur galt. Der Kanon moderner Architektur war nach eigenem Verständnis dem Fortschritt und der Gesellschaftskritik verpflichtet. Die 1960er Jahre setzten eine Antithese dazu: die Relektüre der modernen Architektur aus der Perspektive neuer sozialer Bewegungen und des Marxismus, die zum Schluss kam, dass die architektonische Praxis selbst nicht kritisch sein könne, da sie mit Macht und Geschäftsinteressen verwoben ist. Nach der Finanzkrise, die jüngst den Bau- und Immobiliensektor getroffen hat und mit der Bestimmung neuer architektonischer Praktiken durch die Forschung lässt sich ein erneutes Interesse an einer Kritik beobachten, die postkoloniale und feministische Positionen aufnimmt. Die Kritik ist mitnichten tot, sie erweist sich vielmehr als unentbehrlich, so der Befund der Essays, die in diesem Band versammelt sind.