Beschreibung
Hedwig Dohm beendet mit Christa Ruland (erschienen 1902) ihre Romantrilogie: „In drei Romanen wollte ich drei Frauengenerationen des 19. Jahrhunderts schildern, deren Repräsentantinnen, den Durchschnitt zwar überragend, doch Typen ihrer Zeit sein sollten. Ich wollte sie schildern, aufsteigend aus dem ersten Dämmer des Morgengrauens der Erkenntnis bis zum hellen, verheißungsvollen Frühlicht, das den Glanz der Mittagssonne ahnen lässt, die erst über den Frauen des 20. Jahrhunderts aufgehen wird. […] Es würden demnach meine drei Frauengenerationen die Lebensbilder von Großmutter, Tochter und Enkelin entrollen.“Dohm schildert in Schicksale einer Seele (1899) den Zeitraum von 1833 bis 1866 im Leben der Protagonistin; Sibilla Dalmar (1896) erleben die LeserInnen von ca. 1850 bis 1880, und Christa Ruland schließlich kommt zeitlich in der Gegenwart der Autorin an, der Wende zum 20. Jahrhundert. Von Marlene über Sibilla zu Christa sind die äußeren Beschränkungen weniger geworden, die gesellschaftliche Situation der Frauen hat sich im Laufe des 19. Jahrhunderts verbessert. Gerade deshalb ist bei Christa Ruland der Kontrast zwischen der Fülle der äußeren Möglichkeiten einerseits und andererseits dem inneren Unvermögen, das unauflösbar mit gesellschaftlichen Normen verzahnt ist, besonders groß. Im Gegensatz zu Marlene, deren einzige Alternative im Verlassen der Gesellschaft bestand, und Sibilla, die den Ausbruch mit ihrem Leben bezahlte, stehen Christa – scheinbar – zahlreiche Alternativen zur traditionellen Ehe offen. Wir werden sehen, wie Christa sich selbst im Weg steht und sich eine Tür nach der anderen wieder schließt.Dieses spezifische Grundproblem der Frauen der Jahrhundertwende wird im Roman explizit reflektiert. Die „Übergangstypen“, wie die Chemikerin Maria Hill die Frauen der Zeit nennt, sind noch zu sehr in der „alten“ Denk- und Handlungsweise verhaftet und abhängig von einem konservativen, rückwärtsgewandten Umfeld. Die viel beschworenen „neuen Frauen“ gibt es noch nicht:„Es ist ein Zwiespalt in uns Werdenden zwischen dem Altererbten und dem Neuerrungenen. Was seit so vielen Generationen Recht und Brauch war, hat sich unserer Gesinnung einverleibt, es ist beinah Instinkt bei uns geworden. Wir haben noch die Nerven der alten Generation und die Intelligenz und den Willen der neuen. […]